Das SAP S/4HANA Release 1909 umfasst zahlreiche innovative Features und sinnvolle Weiterentwicklungen. Besonders lohnt sich ein Blick auf die neue Version von SAP Master Data Governance (MDG), die einige funktionale Erweiterungen beinhaltet. Dieser Blogbeitrag beschäftigt sich mit den Neuerungen bei ausgewählten Merkmalen der drei MDG-Kernfunktionalitäten Data Quality Management, Consolidation & Mass Processing und Central Governance.

 

SAP MDG Kernfunktionalitaeten IBsolution

Die Kernfunktionalitäten von SAP MDG

 

Data Quality Management prüft Stammdatenqualität

Das Data Quality Management (DQM) ist das jüngste Teilmodul von SAP MDG. Es wurde erstmals mit dem Release SAP S/4HANA 1809 veröffentlicht. In dieser Version war das DQM auf Produktdaten anwendbarmit Release 1909 wurde nun die Nutzbarkeit auf den Business Partner und die Custom Objects ausgeweitet. Da das Data Quality Management HANA-spezifische Funktionalitäten erfordert, steht es ausschließlich in SAP MDG auf SAP S/4HANA zur Verfügung, nicht auf SAP ERP 6.0. Das Tool misst fortwährend die Stammdatenqualität anhand definierter Regeln. Reports und Dashboards visualisieren die Ergebnisse. So sind Stammdaten-Manager in der Lage, den zeitlichen Verlauf der Stammdatenqualität einzusehen und bis auf die Ebene einzelner Stammsätze zu analysieren.

 

SAP MDG Data Quality Management Dashboard IBsolution

 

Der Ablauf des DQM-Prozesses ähnelt dem SAP Information Steward. Am Anfang steht das Definieren der Regeln, die vom Fachbereich beschrieben und anschließend im System abgebildet werden. Das DQM prüft sowohl die Stammdaten bei der Eingabe von einzelnen Stammsätzen als auch den gesamten Datenbestand periodisch auf diese Regeln. Anhand der Ergebnisse wird die Datenqualität permanent analysiert und überwacht. Dadurch lassen sich etwaige systematische Fehler in den Prozessen aufdecken. Das Ziel ist es, einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu etablieren, der zum einen das Korrigieren von Fehlern und zum anderen das Anpassen und Ergänzen der Regeln umfasst.

 

Machine Learning in SAP MDG

Als neue Funktionalität stellt SAP S/4HANA im Release 1909 das Rule Mining für das DQM bereit. Es ist die erste Machine-Learning-Anwendung innerhalb von SAP MDG. Das System analysiert die vorhandenen Stammdaten und sucht nach Mustern oder Zusammenhängen. Anhand der gewonnenen Erkenntnisse generiert es Vorschläge für neue Regeln zur Verbesserung der Datenqualität. Die Anwender sollten diese Vorschläge allerdings fachlich prüfen, bevor sie sie übernehmen.

 

SAP MDG Data Quality Management Rule Mining IBsolutuion

SAP MDG Data Quality Management Rule Mining IBsolution

 

Darüber hinaus bietet das Release 1909 noch andere Erweiterungen im Bereich DQM: Die definierten Regeln werden nun auch für Change Requests verwendet, sodass das System bereits bei der Dateneingabe gegen diese Regeln prüft. Die Funktionalität ist bisher nur für den Business Partner verfügbar. Es ist aber davon auszugehen, dass SAP sie auf weitere Domänen ausdehnen wird. Für den Excel-Import und -Export der Datenqualitätsregeln stehen jetzt Apps bereit. Und auch das Statushandling wurde verbessert: Bei der Definition neuer Regeln gilt das Vier-Augen-Prinzip. Die Regeln werden nicht sofort aktiv, sondern müssen eine Freigabe durchlaufen.

 

MDG Consolidation: Datenmodelle vervollständigt

Im Vergleich zum Data Quality Management ist MDG Consolidation & Mass Processing bereits ein etabliertes Tool im MDG-Umfeld, das Stammdaten harmonisiert und konsolidiert sowie ihre Massenverarbeitung und -pflege erleichtert. Das SAP S/4HANA Release 1909 vervollständigt die Datenmodelle – beim Business Partner wurden das neue Kreditmanagement, Abladestellen und Langstellen ergänzt, im Materialumfeld die PRT-Sicht (PRT = Production Resources & Tools). Die Massenanlage beim Import ist für reine Datenmigrationsszenarien jetzt auch ohne Key Mapping möglich. Zudem unterstützt MDG Consolidation & Mass Processing komprimierte CSV-Dateien beim Import und Export.

 

SAP  MDG Consolidation Adressvalidierung IBsolution

 

Bei der Adressvalidierung und der Aktivierung hat SAP wichtige Ergänzungen und Abrundungen in Sachen Prozesstemplates vorgenommen. Prinzipiell ist die Adressvalidierung im Schritt „Standardisierung“ bereits länger vorhanden. Sie erfolgt gegen eine externe Datenbank, zum Beispiel das Adressverzeichnis in HANA Smart Data Quality, und Fehler in den Adressen werden korrigiert. Bisheriger Schwachpunkt der Funktionalität war die fehlende Benutzerinteraktion bei einer Korrektur. Jetzt entscheidet der Benutzer selbst, ob er einen Adressvorschlag des Systems übernehmen möchte oder ihn nicht für sinnvoll hält.

 

Neuerungen bei der Aktivierung

Im Aktivierungsschritt hat SAP das Handling von Cross-Referenzen verbessert. Früher waren komplexe Abhängigkeiten zwischen den Stammsätzen und Verweise auf andere Stammsätze ein Problem. Als klassisches Beispiel seien die Partnerfunktionen genannt: Die Stammsätze müssen hier in der richtigen Reihenfolge aktiviert werden. Im Release 1909 arbeitet das System mit mehrfachen Aktivierungen und versucht, die bestehenden Abhängigkeiten zu erkennen. Indem die Stammsätze in der richtigen Reihenfolge aktiviert werden, lassen sich Fehler vermeiden.

 

MDG Central Governance: Plattform für Vorschläge

Die Central Governance ist das wohl bekannteste Teilmodul von SAP MDG. Die Erweiterung der Funktionalitäten in diesem Bereich läuft über das Programm SAP Customer Connection. Anhand von Feature Requests können Anwender Vorschläge und Wünsche für Verbesserungen und Weiterentwicklungen über die Customer-Connection-Plattform einreichen. Die eingegangenen Anforderungen wurden per Voting priorisiert. Änderungen werden als Hinweise ausgeliefert, sodass kein Upgrade erforderlich ist. Die Hinweise sind auch für ältere MDG-Releases, die noch auf ERP-Basis laufen, verfügbar.

 

Bei der Central Governance hat SAP die Usability optimiert, beispielsweise durch den Change Request Tracker. Bisher war es umständlich, in die Workflow-Übersicht zu gelangen und zu sehen, wie der Durchlauf eines Geschäftspartners oder eines Materials ist. Nun gibt es eine benutzerfreundliche Listanzeige des Workflow-Protokolls, welche die Historie und den nächsten Schritt des Workflows zeigt. Das Pop-up des Duplikats-Checks passt sich in Abhängigkeit von der Spaltenzahl automatisch und dynamisch an. Dadurch muss der Anwender nicht mehr so viel scrollen wie in der Vergangenheit.

 

SAP MDG Central Governance Change Request Tracker IBsolution

 

Folge-Workflows bereits im Standard

Das Release 1909 bietet auch eine höhere Flexibilität bei der Workflow-Steuerung. Gerade im Materialbereich sind viele Abteilungen involviert, wodurch die Workflows in der Praxis oft recht lang werden. In manchen Fällen möchte der Anwender mit der Aktivierung des Materials nicht bis zum vollständigen Durchlauf des Workflows warten, sondern das Material schon vorher nutzen. Ein solches Szenario musste bisher über aufwendige Eigenentwicklungen in Form von Folge-Workflows gelöst werden.

 

Mittlerweile bietet schon der MDG-Standard die Möglichkeit von Folge-Workflows; die Notwendigkeit einer selbst gebauten Lösung entfällt. Zudem ist die Historie des Workflows sichtbar. Nach der Aktivierung lässt sich ein zusätzlicher Typ von Folgeschritten ergänzen, was vor allem bei der Pflege von lokalen Daten hilfreich ist. Zudem lassen sich im Standard sogenannte Info-Workflows definieren, um Anwender beispielsweise über eine anstehende Aufgabe in Kenntnis zu setzen. Da es sich um reine Anzeige-Workflows handelt, können in diesem Rahmen keine MDG-Daten geändert werden.

 

SAP MDG Central Governance Folge-Workflows IBsolution

SAP MDG Central Governance Folge-Workflows IBsolution

 

Die Erweiterungen aus dem Customer-Connection-Programm veröffentlicht SAP im SAP Improvement Finder. Die dortige Liste der Erweiterungen wird fortlaufend ergänzt. Das Customer-Connection-Programm ist nicht an ein bestimmtes Release gebunden. Die Funktionalitäten werden über Hinweise ausgeliefert und können als Korrektur in das System eingespielt werden.

 

Fazit: Echte Innovationen und sinnvolle Abrundungen

Das SAP S/4HANA Release 1909 beinhaltet insbesondere für MDG Data Quality Management umfangreiche Innovationen. In den Bereichen MDG Consolidation & Mass Processing und MDG Central Governance hat SAP eher funktionale Ergänzungen und Abrundungen realisiert. Das Customer-Connection-Programm bietet Anwendern die Möglichkeit, sich aktiv bei der Weiterentwicklung von SAP MDG einzubringen und die Integration bestimmter Funktionalitäten anzuregen. Davon profitieren auch Unternehmen, die S/4HANA noch nicht im Einsatz haben. Denn ausgewählte Funktionalitäten liefert SAP über Hinweise auch für SAP MDG auf SAP ERP 6.0 aus.

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